Kapitel 9
"Hier ist der Baum, o König, den du meinst,
Den meine Schwester manche Nacht besucht;
Das Haupt anlehnend, pflegt sie dann zu schlummern."
Sie liebte das Dunkel, und die Nacht war ihre Verbündete, denn nur innerhalb des Dunkels, das sich wie ein weicher Mantel schützend um ihren Körper legte, konnte sie so etwas wie Geborgenheit empfinden. Nie schloss sie von selbst die Augen, wenn die Nacht hereinbrach. So gewöhnten sie sich langsam an das Dunkel im Zimmer, und mit der Zeit lernte sie, die feinen Umrisse so genau wahrzunehmen, dass sie, wenn sie nachts durch ihr Zimmer ging, dies mit einer Sicherheit tat, die ihr tagsüber gänzlich fehlte.
Während andere Kinder die Dunkelheit mieden, ja sogar Angst vor ihr hatten, begab sie sich bei jeder möglichen Gelegenheit in dieselbe. So wurde das Kind desöfteren in einem staubigen Kohlenkeller oder einem Holzschuppen gefunden, nachdem man stundenlang nach ihm gesucht hatte. Und weil man nicht glauben wollte, dass es sich selbst darin eingesperrt hatte, das Kind aber keine Auskunft geben wollte oder konnte, wie es da hineingelangt war, vermutete man bald einen bösen Streich anderer Kinder und stellte es unter besondere Aufsicht. So hineingestellt in eine ihm fremde Landschaft mit anderen Körpern verbüßte es die Tage im Licht und wartete sehnsüchtig darauf, dass es dunkel wurde.
Ob sie sich je gefragt habe, warum sie dieses seltsame Wesen an den Tag legte.
Sie wüsste darüber nichts zu sagen. Sie wüsste nur, dass jenes Gefühl einer immerwährenden möglichen Zerstörbarkeit, welches sie bei Tag zwischen all den Menschen, Dingen und Geräuschen befiel, zu ihr gehöre, seit sie eine Erinnerung an sich selbst habe.
Als wir das Café verließen, war es bereits dunkel geworden, und während ich angestrengt zu Boden schaute, um mit meinen Absätzen nicht zwischen das Kopfsteinpflaster zu geraten, lief sie leicht und sicheren Schrittes neben mir.
Den meine Schwester manche Nacht besucht;
Das Haupt anlehnend, pflegt sie dann zu schlummern."
Sie liebte das Dunkel, und die Nacht war ihre Verbündete, denn nur innerhalb des Dunkels, das sich wie ein weicher Mantel schützend um ihren Körper legte, konnte sie so etwas wie Geborgenheit empfinden. Nie schloss sie von selbst die Augen, wenn die Nacht hereinbrach. So gewöhnten sie sich langsam an das Dunkel im Zimmer, und mit der Zeit lernte sie, die feinen Umrisse so genau wahrzunehmen, dass sie, wenn sie nachts durch ihr Zimmer ging, dies mit einer Sicherheit tat, die ihr tagsüber gänzlich fehlte.
Während andere Kinder die Dunkelheit mieden, ja sogar Angst vor ihr hatten, begab sie sich bei jeder möglichen Gelegenheit in dieselbe. So wurde das Kind desöfteren in einem staubigen Kohlenkeller oder einem Holzschuppen gefunden, nachdem man stundenlang nach ihm gesucht hatte. Und weil man nicht glauben wollte, dass es sich selbst darin eingesperrt hatte, das Kind aber keine Auskunft geben wollte oder konnte, wie es da hineingelangt war, vermutete man bald einen bösen Streich anderer Kinder und stellte es unter besondere Aufsicht. So hineingestellt in eine ihm fremde Landschaft mit anderen Körpern verbüßte es die Tage im Licht und wartete sehnsüchtig darauf, dass es dunkel wurde.
Ob sie sich je gefragt habe, warum sie dieses seltsame Wesen an den Tag legte.
Sie wüsste darüber nichts zu sagen. Sie wüsste nur, dass jenes Gefühl einer immerwährenden möglichen Zerstörbarkeit, welches sie bei Tag zwischen all den Menschen, Dingen und Geräuschen befiel, zu ihr gehöre, seit sie eine Erinnerung an sich selbst habe.
Als wir das Café verließen, war es bereits dunkel geworden, und während ich angestrengt zu Boden schaute, um mit meinen Absätzen nicht zwischen das Kopfsteinpflaster zu geraten, lief sie leicht und sicheren Schrittes neben mir.
Terpsichore - 20. Aug, 19:43
7 Kommentare - 2217 mal gelesen - Kommentar verfassen