die weltbevölkerung teilt sich ja in diejenigen, die grundsätzlich mit dem finger auf jede wunde zeigen, und diejenigen, die sich fast automatisch mit jenen solidarisieren, denen ein missgeschick geschehen ist. ich selbst gehöre auch eher zu letzteren. schließlich sind das die kleinen grenzgängerischen momente im leben, die wahre solidarität spüren lassen. man gehört ja irgendwie zusammen. auch ohne und trotz und wegen stromausfall und deportation.
btw/edit:
mein großvater war stadtbaumeister in W., bis 1944. er hat dem gauleiter koch ein haus gebaut mitsamt der inneneinrichtung, die "wilhelm-gustloff-siedlung" nordöstlich von W. (1989: rosa-luxemburg-siedlung) geplant und veranlasst und es geht die familiäre geschichte, als er erfuhr vom lager buchenwald, da sei er zu seinem freund (dem gauleiter...) gegangen und habe protestiert, woraufhin er noch im selben jahre zum "wiederaufbau" der stadt sindelfingen abkommandiert wurde ("freundschaftlich, anstatt weit schlimmerer konsequenzen"). natürlich war er parteimitglied gewesen... /ich war mit meiner mutter im jahr 1989 dort, in gelmeroda, und die alten erinnerten sich noch an ihn, wie er "im offenen horch...", von W. kommend, alle dörfler ins schicke cabrio eingeladen habe, damit sie nicht den weg zu fuss laufen mussten. es gab (und gibt wohl) ein "holzbau-versuchshaus" eines 20er-jahre-architekten, linkerhand, wenn man nach gelmeroda hereinfährt. dort hat die familie einst gewohnt. die feininger-kirche zu gelmeroda kennen sie bestimmt. auf dem friedhof muss es ein grab geben, in dem der erste mann meiner tante liegt, der schwester meines vaters. die beiden wurden verheiratet, nachdem der liebste bereits in russland gefallen war. das bedeutet, man hat eine junge frau mit einem jungen toten getraut. das muss um 1943 gewesen sein, in gelmeroda. sein name: walter klöckner. sollten sie einmal dort sein, auf dem friedhof in gelmeroda, dann grüßen sie ihn und legen von mir eine rose auf diese unglaublichen geschichten.
ich schreibe das nicht aus irgendeinem stolz heraus, sondern weil mir diese bloggerei manchmal unheimlich wird...
Das muss dann das Neufert-Haus sein, es wurde 1928 gebaut, und Fotos davon können Sie hier sehen: http://www.stiftung.neufert.org/neufert-haus/fotos.html
Da wir gerade Bauhaus in W. ausstellen, (es ist das zweite Haus dieser Zeit neben dem Haus am Horn), wird es sicher viel besucht und gezeigt.
Danke für diese Geschichte. Es hat mich sehr bewegt, das zu lesen.
Wenn ich dahin gehe, auf den Friedhof, mit einer Rose und einem Gruß von Ihnen.. ich werde es erklären müssen. Vielleicht werde ich eine kleine Geschichte erzählen. Davon, dass es jetzt Briefe ohne Papier gibt. Die schneller durch die Luft fliegen als man denken kann. Dass Menschen sich so ihre Geschichten erzählen, ohne sich zu kennen, ohne sich jemals gesehen zu haben. Und dass es so möglich war, von ihm zu erfahren.
Ich werde mich freuen, wenn wir uns einmal in natura begegnen. Das Unheimliche erscheint mir ja fast darin, dass solche Geschichten nicht auf dem eigenen Blog aufscheinen sondern sich zufällig finden, wenn man den Kommentaren von Bloggern auch "nachfolgt".
Das Weblog TERPSICHORE
wird vom Deutschen Literaturarchiv Marbach archiviert und der Öffentlichkeit auch andernorts zugänglich gemacht. Mitschreibende erklären sich einverstanden.
btw/edit:
mein großvater war stadtbaumeister in W., bis 1944. er hat dem gauleiter koch ein haus gebaut mitsamt der inneneinrichtung, die "wilhelm-gustloff-siedlung" nordöstlich von W. (1989: rosa-luxemburg-siedlung) geplant und veranlasst und es geht die familiäre geschichte, als er erfuhr vom lager buchenwald, da sei er zu seinem freund (dem gauleiter...) gegangen und habe protestiert, woraufhin er noch im selben jahre zum "wiederaufbau" der stadt sindelfingen abkommandiert wurde ("freundschaftlich, anstatt weit schlimmerer konsequenzen"). natürlich war er parteimitglied gewesen... /ich war mit meiner mutter im jahr 1989 dort, in gelmeroda, und die alten erinnerten sich noch an ihn, wie er "im offenen horch...", von W. kommend, alle dörfler ins schicke cabrio eingeladen habe, damit sie nicht den weg zu fuss laufen mussten. es gab (und gibt wohl) ein "holzbau-versuchshaus" eines 20er-jahre-architekten, linkerhand, wenn man nach gelmeroda hereinfährt. dort hat die familie einst gewohnt. die feininger-kirche zu gelmeroda kennen sie bestimmt. auf dem friedhof muss es ein grab geben, in dem der erste mann meiner tante liegt, der schwester meines vaters. die beiden wurden verheiratet, nachdem der liebste bereits in russland gefallen war. das bedeutet, man hat eine junge frau mit einem jungen toten getraut. das muss um 1943 gewesen sein, in gelmeroda. sein name: walter klöckner. sollten sie einmal dort sein, auf dem friedhof in gelmeroda, dann grüßen sie ihn und legen von mir eine rose auf diese unglaublichen geschichten.
ich schreibe das nicht aus irgendeinem stolz heraus, sondern weil mir diese bloggerei manchmal unheimlich wird...
Ja, das kenne ich!
http://www.stiftung.neufert.org/neufert-haus/fotos.html
Da wir gerade Bauhaus in W. ausstellen, (es ist das zweite Haus dieser Zeit neben dem Haus am Horn), wird es sicher viel besucht und gezeigt.
Danke für diese Geschichte. Es hat mich sehr bewegt, das zu lesen.
Wenn ich dahin gehe, auf den Friedhof, mit einer Rose und einem Gruß von Ihnen.. ich werde es erklären müssen. Vielleicht werde ich eine kleine Geschichte erzählen. Davon, dass es jetzt Briefe ohne Papier gibt. Die schneller durch die Luft fliegen als man denken kann. Dass Menschen sich so ihre Geschichten erzählen, ohne sich zu kennen, ohne sich jemals gesehen zu haben. Und dass es so möglich war, von ihm zu erfahren.
@s8